Freitag, 5. September 2008

"Ich hab die beiden da auf der Strasse aufgegabelt...

...ich wollte dier hier mal abgeben!" Waehrend Pius das sagt, deutet er auf uns und schliesst sein kurzes charaktersitisches Lachen an. Uns in der deutschen Botschaft abgeben. Na gut. Wir hatten Pius auf der trasse vor seinem Haus getroffen, in dem er uns seine Frau heidi ein paar Gaestezimmer vermieten, von denen wir eines gemietet haben. Wir kamen gerade von unserer ersten Erkundung der Uni in Legon, als er uns in seinem Gelaendewagen entegegn kam und uns fragte, ob wir ihn zur deutschen Botschaft begleiten wollten, um Heidi vond er Arebit abzuholen. Wir steigen ein - neugierig, wie eine deutsche Botschaft von innen aussehe, ob wir den Schnauzermann (wie Christian den Botschafter in Anerkennung seines uppigen Bartwuchses nennt) treffen wuerden und hoffend, wir haetten nie einen ernsthaften Grund die Botschaft aufsuchen zu muessen. Den Schauzermann haben wir nicht getroffen und konnten daher nicht die Information, dass er berechtigt sei nach deutschem recht Eheschliessungen zu vollziehen, verifizieren. Dafuer aber entdeckten wir im Empfangsraum der Botschaft ein Buch ueber 250 angeblich typisch deutsche Errungenschaften, das mit bunten bildern und kurzen texten den Hamburger Hafen, die Dresdner Frauenkirche, Weisswurst, Ulrich Wickert, Steffi Graf, Vivil etc. vorstellt. Bevor wir bei der Botschaft ankommen, amcht Pius noch einige Zwischenstopps bei verschiedenen Leuten um ein paar Dinge zu klaeren. Wir betrachten interessiert fuer uns weider neue Ecken Accras und geniessen den zwar staubigen und stinkenden, aber kuehlenden Fahrtwind - so lange wir nciht im Stau stecken bleiben.
Ob in diesen permanent bis an den Rand der Hoffnungslosigkeit vollgestopften Strassen ein staatlich oder zu mindest irgendwie offiziell und zentral koordinierter oeffentlicher Personennahverkehr realisierbar waere? Bei den Massen an menschen, die befoerdert werden, scheint uns dies kaum vorstellbar: Die Busse muessten im 2-Minten-Takt fahren, sie wurden ab einer gewissen groesse niht mehr durch viele der engen Gassen passen. Ein offiziell organisiertes System waere unter dem Sicherheitsspekt bestimmt sinnvoll. Aber sonst... Fahrten waeren sicherlich teurer als sie Trotro-Fahrten. Damit sich das offizielle System also etablieren koennte, muessten die Verkehrskontrollen die Trotros aus dem verkehr ziehen (ganz offensichtlich werden sie zur Zeit nciht kontrolliert - uns es gebe einiges zu bemaengel: Manche sind in einem Zustand, dass es niemand wundern wuerde, wenn sie keine Tueren haetten). Doch dann koentten immens viele Menschen es sich nciht mehr leisten sich befoerdern zu lassen. Am Ende unseres Gedankenspiels bricht eine grose Kluft in der Gesellschaft zwischen einer mobilen und einer wirtschaftlich wie soziokulturell abgehaengten immobilen Klasse auf und ein Grossteil des alltaeglichen Lebens Accras kommt zum Erliegen.
Ob es wirklich so waere, wissen wir nicht. Aber wir sehen, dass diese Stadt an vielen Stellen so ganz anders funktioiert, als eine europaeische Stadt, so dass europaeische Loesungen sicherlich nicht immer agebracht sind. So sind theoretisch z.B. deutsche und ghanaische Strassenverkehrordnung nahezu identisch. Praktisch ist die Auslegung in Ghana jedoch...sagen wir: den Umstaenden entsprechend flexibel.
Die Leute haben keine andere Option, als dieses System der Fortbewegung. Es funktioniert, aber es ist dennoch muehsam und nervenaufreibend: Fuer kurze Strecken braucht man eine halbe Ewigkeit, Stunden am Tag verbringen die Leute damit im Stau zu stehen, zu warten, unterwegs zu sein. Ein ghanaischer Freund aus Goettingen sagt uns, dass die Regierung es verpasst haette auf das rasante Wachstum der Stadt zu reagiere und duerften die anderen landesteile nciht so verachlaessigen, so dass sich nciht alle Menschen gezwungen sehen nach Accra zu ziehen, wenn sie nicht auf dem Land fernab vieler technischer Errungenschaften versauern wollten.
Auf dem Rueckweg von der Botschaft sind wir wie erleichtert, das Gedankenexperimet einfach beenden zu koennen und freuen uns ueber das bunte Treiben auf den Strassen Accras. Wir stoppen an einer roten Ampel und sogelich zieht eine Kolonne von Frauen und Maennern zwischen den wartenden Autoreihen hindurch und es werden Wasser in PLastiktuetchen, Bananen, Waescheklammern, Zeitungen, das Putzen der Windschutzscheibe und diverse weitere Waren angeboten, die die Menschen auf ihren Koepfen transportieren. "Dabi, dabi. No, thank you, my dear!" Sagt Heidi durchs offene Fenster. Dann springt die Ampel auf Gruen, wir fahren an und 100 Meter vorwaerts, dann stehen wir im Stau. "No, thank you. I dom't need any toieltpaper at the moment!"

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