Freitag, 12. September 2008

Wie die Rattenfaenger von Hameln

...kommen wir uns vor, als wir durch den kleinen Ort Senya Beraku (siehe Foto "Strandausflug") gehen und uns einen Gruppe von fuenf Kindern auf Schritt und Tritt folgt. Die Strasse fuehrt aus dem Dorf heraus, eine Senke hinab, dort stehen keien Haeuser mehr. Dann wieder einen Huegel hinauf. @Hinter dem Huegel liegt der Ort Fetteh@ sagt uns euner der Jungen. Christian meint, wir sollten nicht weitergehen, nicht aus Senza heraus, solange die Kinder dabei sind, wenn die Leute hier denken, wir wuerden sie mitnehmen wollen. Wir kehren also um, zurueck richtung Ortsmitte- die Kinder hinterher- unter den misstrauischen Blicken einiger Leute, denen wir begegnen.
Einige Minuten zuvor hatten drei Frauen aufgebracht schimpfend und mit den Armen fuchtelnd auf die Kinder eingeredet, die uns auf unserem Spaziergang begleiteten. "Sie sagen, wir sollen euch nicht unsere Namen geben, dann wuerden die Weissen uns mitnehmen!" uebersetzt uns der zwoelfjaehrige Isaac. Er hatte uns angesprochen weil er, wie er sagt, gern mit Leuten aus Europa redet. Er stellte uns Fragen nach Deutschland, in welcher Zeitzone es liege, in welchen Monaten der Schnee falle und ob es Naturkatasptrophen gebe. Dann bat er uns um Zettel und Stift, um uns etwas ueber Senya aufzuschreiben, was wir den Leuten in Deutschland erzaehlen sollten. Doch dann waren die Frauen gekommen und wir beschlossen, dass Isaac den Zettel wegschmeissen sollte.
Wir sind entsetzt ueber die Vorwuerfe, von dem Gedanken daran, ob so etwas wirklich passiere und bitten Isaac zu vermitteln, dass wir sicher niemanden mitnehmen wollen. Die Frauen ziehen weiter aber gluecklich scheinen sie nicht zu sein- wir auch nicht. Isaac meint, so etwas sei noch nicht passiert und er wisse nicht, wie die Frauen darauf gekommen seien. Wir denken an den Fall im Tschad, in dem MitarbeiterInnen einer franzoesischen Hilfsorganisation versucht hatten, eine Gruppe angeblicher Waisenkinder, die keine waren, nach Europa zu bringen.
Am liebsten ware uns, die Kinder wuerden gehen. Wir wollen uns bloss umsehen, versuchen mit den Fischern ueber Artikel, die wir ueber das Fischen vor der ghanaischen Kuestein der Zeitung gelesen hatten. Stattdessen aber versuchen wir nun Isaac und den aufdringlich Geld fordernden Joshua zu erklaeren, dass wir nicht einfach jedem, der uns fragt, Geld geben koennen und das ein paar Cedi auch niemandem langfristig helfen wuerden. Wir seieh hier, um uns zu unterhalten und dann den Leuten in Deutschland von Ghana zu erzaehlen, damit sich grundlegen etwas aendern kann. Das ist natuerlich fuerchterlich abstrakt und wenig zufrieden stellend. Und so hoert Joshua auch nicht auf, nach Geld zu fragen. und tischt uns eine herzzerreissende Story nach der naechsten auf, bei der er sich in offensichtliche Widersprueche verstrickt. Isaac scheint zu ahnen, was wir meinen oder zumindestens hinzunehmen, was wir sagen.
Die Atmosphaere ist drueckend, schwer fuehlen wir die Blicke mancher Leute und angenehmer wird alles auch nicht unbedingt dadurch, dass aus Anlass einer Beerdigung die Autos wild bis an den Rand der Kontrollierbarkeit, hupend und mit johlenden Leuten auf den Daechern durch die wenigen Strassen des Ortes rasen.
So machen wir uns mit gemischten Gefuehlen auf den Rueckweg ins 40km entfernte Accra. Wir haben den Samstagmittag in diesem Ort fuer einige durcheinandergebracht aber (natuerlich) nicht das Bild der Dorfgemeinschaft von Weissen veraendern koennen.
Dafuer war der Erfolg unserer kleinen Tuetenrevolution, den wir am Abend in Dzorwulu verzeichnen konnten, umso erfreulicher:
Die Eigentuemerin unseres Stamm-Supermarktes verkuendet in einem emotionalem Ausbruch, nachdem wir wieder einmal die angebotenen Plastiktueten ablehnen uns unseren Leinenbeutel befuellen lassen, dass diese Plastiktueten schrecklich seien und man sie frueher auch nicht gebraucht haette. Sie werde nun, wenn die Leute nur eine Kleinigkeit kaufen, sagen, dass sie das so tragen koennen. Der Unsinn mit dem vielen Plastik, der die Umwelt verschmutzt, solle sich aendern.
Vielleicht veraendern es doch etwas, manche Dinge einfach anders zu machen als die Meisten, zu beweisen, dass etwas praktisch moeglich ist- ganz konkret und alltagsnah.

1 Kommentar:

Hannah hat gesagt…

Tütenrevolution - das ist gut! :-)
Das werde ich auch mal aus Deutschland heraustragen!