Dienstag, 2. September 2008

Die Welt, in der man leben moechte...

Am vergangeen Sonntag Mittag machen wir uns von Dzorwulu, wo wir wohnen, auf Richtung Kueste (Accra liegt ja direkt am Atlantik, genauer: am Golf von Guniea). An diesem Tag scheinen uns die Stadt und die Menschen wie verwandelt, dieser Ort der Hektik und Unuebersichtlichkeit, des Gedraengeld und Geschrei, ist wie ueber Nacht ein anderer geworden: Auf den Strassen kein Stau, kaum Gehupe, die Strassenraender (Gehwege gibt es zum groessten Teil ja nicht) nur wenige VerkaeuferInnen, die mit ihren Waren den Weg vollstellen, kein Gewimmel von eilenden Menschenmassen. Wir sehen stattdessen lachende Menschen gekleidet in bunten, traditionellen Stoffen, Plastikstuehle an den Strasseraendern, auf denen Menschen zur Ruhe kommen. Vor dem einen Haus versammel sich Muslime, 50 m daneben stehen Leute mit Bibeln in der Hand, Frauen mit locker sitzenden Kopftuechern schreiten durch die Gassen und kleine Gruppen von bunt gekleiodeten Maennern tragen grosse Trommeln. Riesige Boxen sind vor manchen Laeden aufgestellt, Musikkassetten leiern ihr froehliches Sindsang, ein Mann mit Besen in der Hand tanzt, eine Frau drewht sich mit einem Kind zur Musik. Wir steigen am Circle aus. Ohne, dass uns jemand latent agressiv etwas verkaufen will, ueberqueren wir den Circle und warten auf das naechste Trotro, das uns zur Kueste bringen soll. Ein Mann spricht uns an - auf deutsch. Wir quatschen eine Weile: Er hat eine kurze Zeit in Deutschland gelebt. Hat in Frankfurt und Berlin gearbeitet. Warum er nun wieder und schon nach kurzer Zeit wieder in Accra ist, mag er uns nicht erzaehlen. Er freue sich immer, wenn er Deutsche treffe, damit er deutsch sprechen kann - zu viel habe er schon wieder verlernt. Er fragt, ob wir eine deutsche Zeitschrift dabei haetten, die wir nicht mehr braechten, die wir ihm geben koennten, damit er ueben kann. Haben wir leider nicht. Aber Christian verspricht unsere alte ZEIT in den naechsten Tagen vorbeizubringen. Ja ja, das so was haben ihn zwei Deutsche scho mal versprochen - und sind nie gekommen. Christian wiederholt sein versprechen. Na gut, meint er, er sei ja sowieso jeden Tag hier, weil er hier an der Takstelle arbeite. Wenn wir wirklich mit der Zeitung kommen sollte, wuerden wir ihn hier finden [heute Morgen hat Christian die ZEIT in den Rucksack gesteckt und wenn es eine Gelegenheit auf dem Weg zum Goethe-Institut geben wird oder nach der Arbeit, wird er sie ihm bringen]. Schliesslioch gibt er uns Tipps fuer die Weiterfahrt und sett uns in das richtige Trotro. Die Frauen im Trotro motzen den "Mate" an, als er nicht gleic versteht wohin wir wollen und uns zu frueh rausschmeissen will und eine von ihnen weist uns draufhin, dass wir bloss etwas sagen sollen, wenn er auf die Idee kommen sollte uns zu wenig Wechselgeld zu geben - tut er aber nicht...das wollte bisher noch niemand. Als wir schliesslich aussteigen wollen, fragt eine andere Frau nach, ob es wirklich ok sei und wir sicher seien, dass wir unseren Weg fiden wuerden. Wir finden unseren Weg und spazieren an der Kueste entlang Richtung Westen zu einem ehemelagen Fort, das nun als Gefaengnis dient (und daher eher weniger eine Touriattraktion ist, wie im Reisefuehrer steht...) und zu einem alten Leuchturm (auch leider eher unspektakulaer aus touristischer Sicht).
Hier leben die Fischer der Stadt. Im Wasser schwimmen ihre Pirogen. Bis zum Meer hinunter kommen wir aber nicht, weil zwischen Strasse und Strand zunaechst das Gefaengnis liegt, dann eine schlammige, intensivst nach Fisch "duftende" Siedlung aus Holz- und Blechhuetten, durch deren enge Gaesschen wir uns nicht trauen und dann ein Muellberg, auf dem zerzauste Schafe und abgemagerte Hunde ihr Unwesen treiben. ...und in dem Wege- und Hausergewirr im Gebiet dahinter haben die "Strassen" keine Namen mehr auf unserem Stadtplan und vielleicht auc niemals gehabt... also drehen wir wieder um. Auf der anderen Seite der Strasse haben sich Leute zu Essen und Musik versammelt auf bunten PLastikstuehlen, Jugendliche spielen Fussball und die kleinen Kinder - etdecken uns! "How are you! How aere you! How are you!" Brabbelnd und kichernd haengen sie an unsren Haenden, laufen vor nd hinter uns, grinsen und fassn uns an. Wir gehen langsam weiter - gefolgt und umringt von der neugierigen Kinderschar. Obwohl sie permanent von alteren Kindern und Erwachsen agemotzt und verscheucht werden, folgen sie uns trotzem de gesamten Weg zurueck bis zur Inenstadt. Sie lachen und zupfen einbsschen an uns herum. Und obwohl bei ihrem Gezupfe das Kleingeld in meiner Hosentasche klimpert, interessieren sie sich nur fuer meine Haende, die sie unablaessig druecken und streicheln, sie freuen sich, wenn wir ihre Grimassen erwiedern und auf ihr "How are you", dessen Bedeutung sie scheinbar ueberhaupt nicht verstehen, in irgendeiner Form reagieren.
Wir sehen, dass dies wahrlich kein schoener Ort zum Leben ist, ahnen jeden Tag wieder, wie verdammt schwer die meisten Mneschen es hier haben und es stimmt mich traurig, wenn ich darueber nachdenke, dass es fuer kaum einen der etwa 250 Studierende, die mit mir in dem Hoersall an der Uni sitzen, einen angemessenen Job in Ghana geben wird. Und ebenso traurig, wie ich bin, bin ich auch beeindruckt, dass diese Leute, trotz dieser duesteren Aussichten, zur Uni gehen, hoffen, (noch) nicht aufgegeben haben. Und so sehr man verzweifeln kann bei dem Anblick der verseuchten Kueste und den schaebigen Huettcen, haben wir in den Augen dieser kleinen, frechen Kinder gesehen, wies ehr die Menschen hire zur Freude faehig sind.
Ich moechte nichts verklaren!
Afrikansiche Staaten sind ganz sicher nicht der Ort, an dem man (gut) leben kann. Aber wir sollten die Gruende, wegen derer die Menschen hier leben moechten nicht uebersehen! Gemeinsam sollten und muessen wir das moeglich machen!

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