Mittwoch, 1. Oktober 2008

"The bible says" und "God bless you!"

Mehr verstehen wir nicht von dern im wesentlichen (vermutlich) auf Twi gehaltenen Predigt im Trotro. Muss ja vielleicht auch nicht, die key-information haben wir ja mitbekommen und so wissen wir, dass wir, sollten wir den Ueberholmanoevern des Fahrers zum Opfer fallen, immerhin noch gesegnet sind. Der Prediger steigt nach Segen und erhaltenem finanziellem Dank wieder aus, Bob Marley "stand up for your rights" dudelt, der Fahrer versprueht noch etwas Vanillieduft und los geht es ueber den Highway entlang der Kueste nach Cape Coast. Bisschen Raumspray wuerde unser muffiges Hotelzimmer dort auch vertragen. Naja, dfuer haben wir diesmal (anders als die erste Nacht in Kumasi) fliessend Wasser. Auf der anderen Seite wird dasd Duschvergnuegen dadurch leicht gemindert, dass wir keine Handtuecher haben. Aber auch das betrachten wir nur als weitere Herausforderung an unser Improvisationsvermoegen. Alles also kein Problem und wenn wir den Stuhl guenstig ans Bett schieben, kann selbst Christian in dem 180 kurzem Bett liegen ohne an das gekonnt zwischen 2 Haken aufgespannte Moskitonetz anzustossen (siehe Foto).
Das "Guesthouse" bietet uns alles in allem, druecken wir ein Auge zu und besorgen wir uns noch eine Rolle Toilettenpapier, eine akzeptable Bleibe fuer zwei Naechte. Wir wollen ohnehin nicht viel mehr als die Naechte im Hotelzimmer verbringen sondern das Staedtchen uns seine Geschichte erkunden. Dafuer machen wir auf unserem Stadtrundgang zuerst Halt im "Cape Coast Castle". Diese Burg wurde vor knapp 380 Jahren von Briten errichtet. Die Stadt selbst, deren urspruenglicher Name Oguaa ist, ist sehr viel aelter und schon vor mehr als 400 Jahren waren hier die Portugiesen gelandet. Die sehr gut gemachte Ausstellung und Burgfuehrung berichtet jedoch inerster Linie von den englischen Aktivitaeten in Cape Coast: dem Sklavenhandel. Hier wurden im Binnenland verschleppte Menschen gesammelt, begutachtet und auf Schiffe in die Karibik, nach Amerika und nach Europa verladen.
Wir folgen dem Tourguide durch das Halbdunkel der Gewoelbe unter der Burg, die Waende sich feucht, die Luft stickig-drueckend, es riecht modrig. "Hier" erzaehlt er "waren bis zu 2000 Menschen drein Monate auf engstem Raum zusammengepfercht- ohne Licht, ohne Kleidung, in Ketten, stehend in den eigenen Exkrementen. Sie wurden mit gleuhenden Eisen markiert und schliesslich, ueberlebten sie die Lagerung, durch einen schmalen Gang zur 'Tuer ohne Wiederkehr' getrieben.". Mit uns nimmt der Guide den Weg ueber den Innenhof der Burg zum "Door of no return". Wir bleiben stehen vor einer Holztuer in der Burgmauer. Durch die "Door of no return" verliessen die Gefangenen ihre Heimat und kehrten nie wieder zurueck in ihr Land und zu ihren Familien. Entweder blieben sie ihr Leben lang Sklaven in der "neuen Welt" oder starben auf den Schiffen, die hinter dieser Tuer auf ihre Fracht warteten. In fast drei Jahrhunderten wurden schaetzungsweise 60 Mio. Menschen Opfer der Sklaverei- etwa 12 Mio. von ihnen erreichten ihren Bestimmungsort lebend.
"Wir werden heute durch diese Tuer zurueckkehren" sagt der Guide und stoesst die hohe Fluegeltuer auf. Nach der Unabhaengikeits Ghanas 1957 hob man in einer feierlichen Zeremonie die Bestimmung der "Door of no return" auf indem die sterblichen Ueberreste zweier Sklaven aus Suedamerika zurueck nach Ghana gebracht, sie durch die "Tuer der Rueckkehr" in die Burg getragen und da die traditionellen Besattungsrituale fuer sie zelebriert wurden.
Es folgt noch die Besichtigung der Arrestzelle, in der Aufstaendige ohne Licht und Belueftung stehend auf ihren Hungertod warteten und der Wohnraeume des Kommandanten, in denen zahlreiche Fenster kuehlenden Meereswind und Seeblick boten.
Interessante Ergaenzungen zu dem in Cape Coast ueber Sklaverei gelerntem bot die Ausstellung im Nationalmuseum in Accra, die wir schon vor einigen Wochen besucht haben. Sie beleuchtet unter anderem wie die Sklaven in die Burgen Cape Coast Castle, Christiansbourg in Accra oder Elmina Castle kamen, von wo aus sie dann verkauft wurden. Fuer Europaer des 16, 17., 18 und fruehen 19. Jahrhunderts war Ghana kein entspanntes Reiseland. Malaria forderte hunderte Todesopfer unter den Weissen und so taten diese gut daran, sich so wenig wie moeglich von der Kueste weg ins Landesinnere zu bewegen. Also wurden sowohl das Gold als auch die Sklaven von einheimischen Zwischenhaendlern gekauft. Dies konnten Sklavenjaeger sein, die Menschen aus ihren Doerfern entfuehrten, meist waren es jedoch einfach Chiefs, die die Kriegsgefangenen aus Streitigkeiten mit den Nachbarn als Sklaven verkauften. Schnell wurde Sklavenjagd zum Grund fuer kriegerische Konflikte. Dieses "Geschaeftspotential" erkannten die britischen, daenischen und hollaendischen Burgkommandanten und sie optimierten das System, indem sie zum Tausch gegen angebotene Sklaven Feuerwaffen bezahlten, um die naechste Sklavenjagd der einheimischen Chiefs noch ertragreicher zu machen.
Lokale Konflikte in Afrika mit europaeischen Waffenlieferungen anzuheizen und dann davon zu profitieren: schon seit dem 18. Jahrundert ein erfolgreiches Geschaeftsmodell.

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